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GESCHICHTE

Aufbau der Gaskugel in Freiburg-Betzenhausen, 1964-65

Fotografien der Baustelle: Hugo Beyer | © Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Außenstelle Südbaden

Fotografien der fertiggestellten Gaskugel: Inno Amann

Die Gaskugel – Zeuge einer vergangenen Zeit. Zwar ist Freiburg nach wie vor ans Erdgasnetz angeschlossen, die Verteilerstation, die 1965 direkt neben der Gaskugel errichtet wurde, ist noch in Betrieb. Doch die Kugel selbst wird nicht mehr gebraucht. Was hat es damit auf sich?


Dem Wahl-Freiburger Richard Funk, ehemaliger Technischer Vorstand der FEW – Freiburger Energie- und Wasserversorgung AG – haben wir es zu verdanken, dass wir die Geschichte „unseres“ Industriedenkmals erzählen und als Buch herausgeben konnten. Die Planung und der Bau der Gaskugel war eine seiner ersten Aufgaben, als er in den 1960er Jahren nach Freiburg kam. In verschiedenen Archiven schlummerte historisches und oftmals überraschendes Bildmaterial hierzu – und auch in dem ein oder anderen privaten Fotoalbum.


So werden wir im Arbeitskreis Gaskugel also mehr und mehr zu Gasversorgungs-Experten. Wussten Sie, dass das erste Gaswerk auf dem Platz der heutigen Johanneskirche stand? Es wurde 1850 von der privaten Gesellschaft Spreng & Sonntag gebaut und war bis 1884 in Betrieb. Das „Leuchtgas“ wurde in einem mehrstufigen industriellen Fertigungsprozess aus Kohle gewonnen, eine anstrengende und schmutzige Arbeit. Eisenrohre wurden in den Straßen verlegt, so dass mit dem Gas die Straßen, Fabriken, Werkstätten und Wohnungen beleuchtet werden konnten. Am 16. Dezember 1850 erstrahlten erstmals alle Straßen in der Freiburger Innenstadt in dem neuen weißen Licht, das viel heller und zuverlässiger leuchtete als die Öllampen.


In den folgenden Jahrzehnten begann eine Entwicklung, die sich noch lange fortsetzen sollte: Mit dem aufblühenden Wohlstand der Bevölkerung und der Ausdehnung der Stadt wuchs auch der Gasbedarf stark an. Die Gaserzeugung und das Gasrohrnetz mussten stetig erweitert werden. So baute die Stadt 1883/84 ihr erstes eigenes Gaswerk, diesmal an der Ferdinand-Weiß-Straße. Umfangreiche Erweiterungen auch dieses größeren Gaswerks folgten 1906 bis 1912, verbunden mit der Umstellung auf neue Ofenanlagen, welche einen effizienteren Betrieb ermöglichten. Im Ersten und später im Zweiten Weltkrieg und in den dadurch bedingten Jahren des extremen Mangels wurde auch die städtische Gasversorgung vor große Probleme gestellt – man behalf sich, irgendwie ging es immer weiter, die Gaswerksdirektoren übten sich im Improvisieren.


In den 1930er Jahren reichte das zur Verfügung stehende Gelände für eine nochmalige Erweiterung nicht aus. Zudem benötigte die Bahn das Gleis, das für den Kohlenumschlag genutzt wurde, selbst. So kam die Stadt nicht umhin, das Gaswerk aufzugeben und im Norden der Stadt ein neues zu bauen. Dieses dritte Gaswerk an der Hans-Bunte-Straße ging 1936 in Betrieb.


Nach dem 2. Weltkrieg stieg der Gasbedarf erneut an, und eine Erweiterung der Gaserzeugung mit der damit verbundenen Koksproduktion wurde zum Problem. Inzwischen war es aber technisch möglich, Gas auch ohne Koks herzustellen, so dass eine neue Anlage gebaut wurde. Wegen des konkurrierenden Heizöls beschlossen die baden-württembergischen Gaswerksbetreiber schließlich, über eine gemeinsame Gesellschaft – die GVS (Gasversorgung Süddeutschland) – das Gas zentral von der Ruhrgas AG zu beziehen. Vorher musste in Freiburg die Gaskugel als zusätzlicher Speicher errichtet werden, wofür sich ein Standort in Betzenhausen anbot. So markiert der Bau der Gaskugel 1964/65 das Ende der industriellen Gaserzeugung in Freiburg und gleichzeitig die Umstellung zunächst auf Ferngas und Anfang der 1970er Jahre auf Erdgas.


Heute ist von dem ehemaligen ersten Gaswerk in der Wiehre nichts mehr zu sehen, Ende des 19. Jahrhunderts wurde an seiner Stelle die neoromanische Johanneskirche errichtet. Vom zweiten Gaswerk im Stühlinger stehen immerhin noch zwei der Rundmauern, die auf die frühere Nutzung als Gastanks verweisen und auf denen in den 1990er Jahren zwei Rundhäuser mit Wohnungen errichtet wurden. Auch das dritte und letzte Gaswerk im Industriegebiet Nord musste anderen Nutzungen weichen und wurde fast vollständig abgerissen.


Allein unsere schöne Gaskugel steht noch – ein stolzes Kulturdenkmal, das auf seine neue, zivile Nutzung wartet.

Und das auch die Historie der Freiburger Gasversorgung erzählt:

Freiburger Gasgeschichte(n), 1850 bis heute | Buch

Juli 2021 | Gasenergie in Freiburg i. Br., von Richard Funk. Mit einem Gastbeitrag von Joachim Scheck und einem Ausblick von Bernward Janzing. Hrsg. Dr. Heike Piehler, für den Arbeitskreis Gaskugel. 112 S., Picea Verlag Freiburg, 14,80 €.

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