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Projektentwicklung als Realsatire

Das Bürgerprojekt DIE KUGEL wurde in fünf Jahren von vielen klugen Köpfen gemeinsam entwickelt, alle standen in den Startlöchern. Das zuständige Amt für Projektentwicklung und Stadterneuerung (APS) im Freiburger Baudezernat brauchte nur drei Monate, um es nach allen Regeln der Verwaltungskunst an die Wand zu fahren:

  • 26. April 2024: Das Baudezernat reicht den 1. Antrag ein, die sog. "Projektskizze", verfasst von der Stiftung BauKulturerbe gGmbH. Die Stadt hatte als ein zweites, begleitendes Teilprojekt die erweiterte Freiraumplanung mit der Dreisamrevitalisierung dazu genommen.

  • 10. Juli: DIE KUGEL wurde als Nationales Projekt des Städtebaus ausgewählt, als einziges Projekt in Baden-Württemberg.

  • 12. Juli: Spontaner Sektempfang des Teams vor Ort mit dem Leiter des Standplanungsamts Roland Jerusalem.

  • 14. August: Bundesweite Infoveranstaltung zum Programm "Nationale Projekte des Städtebaus" per Video.

  • 19. August: 1. Runder Tisch APS / Stadtplanungsamt mit Stiftung. Das Budget wird gedrittelt: 2 Drittel für das Kulturprojekt der Stiftung BauKulturerbe, ein Drittel für die Freiraumplanung der Stadt.

  • 4. September: 2. Runder Tisch APS / Stadtplanungsamt mit Stiftung. Die Stadt hat für die eigene Dreisam-Freiraumplanung vom Regierungspräsidium eine Absage bekommen. Das APS teilt der Stiftung mit, dass die Stadt das Projekt realisieren wolle, aber "keinen Euro" in das Kulturprojekt investieren werde.

  • 8. September: Es gab entsprechende Misstöne beim Tag des offenen Denkmals, an dem Oberbürgermeister Martin Horn zugegen war.

  • 26. September: Treffen mit Baubürgermeister Prof. Dr. Haag. Die Stiftung muss das Budget von 4,2 auf 3,7 Mio. € kürzen, als "Ausgleich" will die Stadt zwei Grundstücksstreifen mit altem Baumbestand übernehmen.

  • 1. Oktober: 1. Koordinierungstreffen mit den Vertretern des Bundes, der Stadt Freiburg und der Stiftung, mit 24 Teilnehmenden. Es wird klar, dass die von der Stadt geplante Dreisamrevitalisierung nicht funktioniert, da erstens das Land als Eigentümer des Gewässers und der Dämme nicht mit im Boot ist, zweitens bei Landesliegenschaften nur zu einem Drittel vom Bund gefördert würde und drittens die Planung auch Grundstücke in Privatbesitz einbezog. Die Referentin des Bundes (BBSR) schlägt vor, das inzwischen gekürzte Teilprojekt KUGEL besser auszustatten und die Freiraumplanung niedriger anzusetzen. Das wäre die Lösung aller Probleme gewesen! Der Vorschlag wurde vom APS schlichtweg ignoriert.

  • 16. Oktober: 3. Runder Tisch APS / Stadtplanungsamt mit Stiftung.

  • 30. Oktober: 2. Koordinierungstreffen (per Video) mit der Referentin des Bundes. Das APS stellt einen neuen, eigenen Entwurf für den Hauptantrag (= rechtliche Grundlage für den Bewilligungsbescheid) vor.

  • 4. November: Die Stiftung reicht die vollständigen Antragsunterlagen für das Teilprojekt KUGEL in eigener Zuständigkeit beim APS ein.

  • 6. November: Mitteilung des APS zur Bauausschuss-Sitzung, dass die Stadt keinen Hauptantrag stellen wird.


In diesem Zeitraum hat das APS die Stiftung aufgefordert, das Budget für ihr Teilprojekt KUGEL von 4,2 Mio. € (s. Gemeinderats-Drucksache G-24/115) erst auf 3,7 Mio. und schließlich auf 3 Mio. Euro (das entspricht dem Bundeszuschuss) zu kürzen. Letzteres war nicht machbar, weshalb die Stiftung die Haftung für die noch einzuwerbenden Fördergelder nun selbst übernahm. Dabei ging es v. a. um Fördergelder des Landesamts für Denkmalpflege und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, mit beiden Institutionen stand sie schon in Kontakt. Hätte die Stadt die im 1. Antrag genannten 4,2 Mio. € auch weiterhin eingeplant, wären alle absehbaren finanziellen Risiken abgedeckt gewesen.


Gleichzeitig wurde vom APS konstatiert, das Baurecht läge frühestens im April 2026 vor, möglicherweise auch erst später. Die Stiftung musste die gesamte Realisierung nach hinten verschieben, um dann vorgeworfen zu bekommen, dass die verspäteten Mittelabrufe beim Bund zu unhaltbaren Risiken führen würden. Ende Oktober entwarf das APS einen eigenen Antrag. In dem Entwurf, der am 30. Oktober vorgestellt wurde, ging es um einen Spielplatz direkt neben dem Kulturdenkmal und eine "Rastmöglichkeit" anstelle eines Gartencafés. Der Innenausbau der Kugel und das Servicegebäude für den Kulturbetrieb sowie das Kulturkonzept insgesamt wurden vollständig gelöscht. Stattdessen sollten der Kulturbetrieb und die Freiraumplanung mit einer neuen Bürgerbeteiligung erst noch entwickelt werden. Ein belastbares Freiraumkonzept der Stadt selbst lag bis zuletzt nicht vor. Nachdem mehrere Gemeinderatsmitglieder verschiedener Fraktionen dem Kulturprojekt Unterstützung signalisierten, stoppte das APS das Antragsverfahren insgesamt.


Besonders bitter ist, dass das diesjährige Schwerpunktthema des Bundesförderprogramms "Demokratie" war. Damit hat diese Form der "Projektentwicklung" wenig zu tun.


Foto: Helmut Schiemann


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